In der heutigen Arbeits- und Lebenswelt suchen viele Menschen nach Unterstützung bei Herausforderungen, Neuorientierung oder dem Wunsch nach persönlichem Wachstum. Doch was ist der richtige Weg? Therapie oder Coaching? Der Unterschied ist wesentlich – und gleichzeitig ergänzen sich beide Ansätze. Gerade in einer Zeit, in der mentale Gesundheit und Potenzialentfaltung zentrale Themen sind, lohnt ein differenzierter Blick und die Klarheit für den eigenen Entwicklungsweg.

Stabilität oder Aufbruch?

Ein Zitat von Ulrike Clasen, Netzwerk Kadertraining bringt es auf den Punkt:

“ Therapie klärt den Blick auf das Gestern. Coaching richtet den Kompass auf die Zukunftsfähigkeit und das Morgen .“

Dieses Zitat verdeutlicht die unterschiedlichen Zielsetzungen von Therapie und Coaching: Während Therapie darauf abzielt, vergangene Wunden zu heilen und psychische Stabilität wiederherzustellen, fokussiert sich Coaching auf die Entwicklung und Umsetzung von Zielen sowie die Entfaltung des eigenen Potenzials. Coaching will nicht reparieren, sondern entfalten. Darum “spricht” Coaching eine andere Sprache.

Die Perspektive von Dr. Eric Lippmann

Prof. Dr. Eric Lippmann, Psychologe und Leiter des IAP Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW, beschreibt Coaching als psychologische Beratung ohne Krankheitsbezug. In seinem Buch „Coaching: Angewandte Psychologie für die Beratungspraxis“ und weiteren Publikationen betont er:

„Coaching ist ressourcen- und lösungsorientiert, zielt auf Selbstreflexion und Handlungserweiterung und unterscheidet sich grundlegend von psychotherapeutischen Verfahren, die auf Heilung oder Linderung psychischer Leiden ausgelegt sind.“

Lippmann plädiert für eine klare konzeptionelle und ethische Trennung. Gleichzeitig verweist er auf Überschneidungen, etwa in Gesprächstechniken oder psychologischen Grundhaltungen. Entscheidend sei die Zielsetzung und der Gesundheitszustand der Klient:innen. Coaching ist vor allem dann angezeigt, wenn es um Rollenklärung, Potenzialentfaltung, Entscheidungsfindung oder Standortbestimmung geht. Therapie dagegen ist indiziert, wenn Leiden, Dysfunktion oder psychische Instabilität vorliegen.

So sehen wir das auch bei Netzwerk Kadertraining

Als Unternehmerin und Coach begleite ich mit meinem Team Menschen, die sich beruflich neu- oder umorientieren möchten, die ihre Kompetenzen erweitern oder ihre Wirksamkeit erhöhen wollen. Wir verstehen Coaching als Raum für Entwicklung, Reflexion und Entscheidung. Es geht darum, Möglichkeitsräume zu eröffnen, Perspektiven zu erweitern und ins eigene Handeln zu kommen.

Unsere Haltung ist systemisch, ressourcenorientiert und klar in der Abgrenzung: Wenn psychische Stabilisierung, Trauma-Bewältigung oder therapeutische Behandlung notwendig ist, braucht es dafür andere Formate und ausgebildete Fachpersonen.

Was Sie bei uns erwarten dürfen:

  • Coaching im Berufskontext, mit Blick auf Rolle, Karriere, Führung und Sinnfragen
  • Respektvolle, partnerschaftliche Begleitung mit methodischer Vielfalt
  • Ein klares Verständnis für Abgrenzung und Kooperation mit therapeutischen Fachstellen, wenn nötig
  • Räume für Selbstreflexion, Stärkenorientierung und nachhaltige Entwicklung

Wissenschaftlich belegt: Die Abgrenzung im Unternehmenskontext

Eine qualitative Studie von Grimmer & Neukom (Universität Zürich, 2016) untersuchte, wie Coaching-Verantwortliche in Unternehmen die Grenze zwischen Coaching und Therapie ziehen. Ergebnis: Coaching wird klar als berufsbezogene Begleitung verstanden, Therapie hingegen als klinisch orientiert. Dennoch betonen viele der Befragten die Notwendigkeit von Sensibilität: Wenn im Coachingprozess psychische Probleme sichtbar werden, sei die Weitervermittlung an eine Therapieform geboten. Die Studie zeigt auch: Ein professionelles Coaching verlangt auch besondere Kenntnisse, wie diagnostische Wachsamkeit, eine klare Ethik und transparente Auftragsgestaltung.

Vertiefter Vergleich: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Die folgende Übersicht bietet eine alternative Formulierung der Differenzen zwischen Coaching und Therapie, basierend auf die Unterscheidungen, die Netzwerk Kadertraining nutzt:

BetrachtungskriteriumCoachingTherapie
ZielrichtungFörderung von Wachstum, Leistungsfähigkeit und EntwicklungWiederherstellung psychischer Stabilität und Gesundheit
ZielgruppeMenschen mit stabiler psychischer VerfassungMenschen mit seelischen Belastungen oder Erkrankungen
ArbeitsweiseLösungs- und zukunftsorientierte ImpulseAufarbeitung und Bewältigung vergangenheitsbezogener Themen
BeziehungsgestaltungAuf Augenhöhe, dialogischUnterstützend mit klarem professionellen Rollenverständnis
GesprächsrahmenFokus auf Potenziale und ZieleFokus auf Heilung, Entlastung und Ursachenklärung
Rolle der FachpersonBegleitend, aktivierend, strukturierendDiagnostisch, stabilisierend, therapeutisch

Tipps zur Entscheidungsfindung: Was passt gerade zu mir?

  1. Selbstreflexion: Fühlen Sie sich im Alltag stabil, grundsätzlich handlungsfähig und neugierig auf Veränderung? Oder belasten Sie Symptome, emotionale Krisen oder wiederkehrende destruktive Muster?
  2. Zielklarheit: Geht es um eine konkrete Entscheidung, eine berufliche Rolle, Karriereentwicklung, Sinnsuche oder Leadership-Fragen? Oder steht das emotionale Erleben im Vordergrund?
  3. Zeit und Energie: Coaching verlangt aktive Mitarbeit, Offenheit für Perspektivwechsel und die Bereitschaft zur Umsetzung. Therapie erfordert oft längerfristige Prozesse mit einem Fokus auf Stabilisierung.
  4. Gesundheitliche Einschätzung: Im Zweifel empfiehlt sich eine Einschätzung durch medizinische oder psychologische Fachpersonen.
  5. Vertrauen und Passung: Gespräche mit potenziellen Begleitpersonen helfen oft, die eigene Klarheit zu schärfen. Achten Sie auf Transparenz, Qualifikation und Ethik.

Coaching als Reifungsprozess
Coaching hat nicht den Auftrag zu heilen, sondern zu entwickeln. Es ist Trainingsfeld, Reflexionsraum und Gestaltungsbühne zugleich. Gerade im beruflichen Umfeld bietet es Möglichkeiten zur Standortbestimmung, Wertearbeit, Führungskompetenz oder Selbstwirksamkeit.

Fazit: Was braucht es gerade jetzt?

Ob Coaching oder Therapie, ist keine Frage von besser oder schlechter, sondern von Passung.

  • Wenn die Vergangenheit schwer auf dem Alltag liegt, Symptome belasten oder Traumata nicht verarbeitet sind: Therapie.
  • Wenn Ziele, Rollen oder neue Perspektiven im Vordergrund stehen: Coaching.

Manchmal braucht es beides, nacheinander oder parallel. Wichtig ist, bewusst zu wählen – und professionelle Begleitung mit klarer Haltung und Kompetenz.

Quellen zum Weiterlesen

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