KI im Coaching: Wenn Technologie zu einem Spiegel unserer Qualität wird

Künstliche Intelligenz verändert, wie wir arbeiten, führen und lernen. Doch jenseits aller Technologie Fragen stellt sich eine viel grundlegendere Frage für den Einsatz: Was macht gutes Coaching – und gute Führung – in einer KI-gestützten Welt aus?

Bei Netzwerk Kadertraining erleben wir täglich, wie Coaching und Begleitung zu neuen Lern- und Entwicklungsräumen werden. KI-Tools sind dabei kein Fremdkörper, sondern eine Erweiterung, ein zusätzlicher Spiegel, der Muster sichtbar macht und Reflexion unterstützt.

KI – ein Werkzeug für Bewusstsein, nicht als Ersatz

KI kann Daten analysieren, Gespräche strukturieren, Zielvereinbarungen optimieren. Aber sie kann keine echte Beziehung aufbauen, keine Zwischentöne spüren und kein Vertrauen gestalten. Diese Kompetenzen bleiben zutiefst menschlich.

Dennoch kann die Technologie uns helfen, besser zu sehen, was wirklich geschieht – in der Kommunikation, in Entscheidungsprozessen, in Führungssituationen. KI macht Mittelmass sichtbar – nicht, um zu kritisieren, sondern um Qualität zu fördern.

Coaching mit KI – eine neue Form der Selbstreflexion

In der Coachingpraxis lässt sich KI vielseitig einsetzen. Als Reflexion zwischen den Sitzungen. Coach und Coachee können KI als strukturiertes Tagebuch nutzen: KI erkennt sprachliche und thematische Wiederholungen und kann so zu Feedback und Mustererkennung stärken.
Führungskräfte können Gespräche mit KI simulieren und alternative Tonalitäten ausprobieren und KI als Trainings- und Vorbereitungstool einsetzen.

José Parra Moyano, Professor am IMD Lausanne, spricht in einem Interview im Harvard Business Manager davon, dass KI sogar in der Lage sei, „blinde Flecken sichtbar zu machen“. Wenn Menschen die KI bewusst um Feedback bitten, entstehen oft überraschend ehrliche Einsichten.

Prompt-Kompetenz heisst, gute Fragen führen zu guten Antworten

KI reagiert auf die Qualität unserer Fragen. Wer präzise, offene und reflektierte Fragen stellt, erhält Impulse, die echtes Lernen ermöglichen.

Beispiele für Fragen, die zur eigenen Reflexion genutzt werden können:

  • Wie kann man meinen Kommunikationsstil beschreiben – analytisch, empathisch oder direktiv?
  • Welche Muster sind erkennbar in meiner Art, Ziele zu formulieren?
  • Wo neige ich in meinen Aussagen und Texten dazu, zu bewerten statt zu fragen?
  • Welche meiner Aussagen fördern Offenheit – und welche blockieren sie?

Menschliche Qualitäten bleiben entscheidend

KI ist stark in Analyse und Struktur – der Mensch bleibt stark in Beziehung und Bedeutung. Unsere Fähigkeit, zuzuhören, Empathie zu zeigen, Spannungen auszuhalten und Sinn zu stiften, ist nicht automatisierbar.

In der Führung wie im Coaching hilft KI, Klarheit zu schaffen, während der Mensch Sinn stiftet, Verantwortung übernimmt und Verbindung herstellt.

Haltung im Umgang mit KI: Lernen, statt sich zu fürchten

KI wird bleiben. Entscheidend ist, wie wir sie nutzen. Wer KI als kritischen Sparringspartner einsetzt, lernt, die eigenen Gedanken zu schärfen, Entscheidungen bewusster zu treffen und Verantwortung differenzierter wahrzunehmen. Wer sie dagegen als Bedrohung sieht, verliert Entwicklungschancen.

Bei Netzwerk Kadertraining arbeiten wir mit dieser Haltung: KI ist kein Ersatz für Coaching, sie ist eine Einladung zur Qualität.

Schweizer Perspektive: Ethik, Vertrauen und Professionalität

In der Schweiz wird die Integration von KI in Coaching und Personalentwicklung aktiv diskutiert. Der Berufsverband BSO betont, dass KI Coaching ergänzt, aber nicht ersetzt. Die FHNW bietet Weiterbildungen zu KI-Kompetenz an. Angestellte Schweiz reflektiert die philosophische Seite des Themas, und das SECO hebt hervor, dass KI neue Kompetenzfelder schafft, vor allem für Selbstführung und menschliche Interaktion.

Fazit: KI fordert uns heraus – und entwickelt uns weiter

KI ist keine Bedrohung, sondern eine Lernchance. Sie zwingt uns, präziser, bewusster und reflektierter zu arbeiten. Im Coaching wie in der Führung geht es künftig weniger um mehr Wissen, sondern um mehr Bewusstsein.

KI kann vieles berechnen – aber nur wir können Bedeutung geben. Wer sie mit Haltung, Werten und Verantwortung einsetzt, wird an Tiefe gewinnen und nicht an Menschlichkeit verlieren.

📚 Weiterführende Quellen

BSO Schweiz – „Coaching mit KI?“, Fachartikel im BSO Journal 1/2024.

BSO Blog – „Zwischen Technologie und Menschlichkeit“, Über die Zukunft des Coachings in der Ära der KI.

Angestellte Schweiz – „Die KI als philosophische Herausforderung“, Reflexion über den Wandel von Verantwortung und Menschlichkeit.

    SECO / Bundesamt für Wirtschaft – „Herausforderungen der künstlichen Intelligenz“, Bericht über Chancen, Risiken und ethische Fragen im Schweizer Arbeitsmarkt.

    Harvard Business manager / Manager Magazin – José Parra Moyano: „Selbst eine mittelmäßige KI ist schon heute besser als eine mittelmäßige Führungskraft“, Interview, Ausgabe 7/ 2025.
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