Das neue Miteinander in den Organisationen hat viele Namen und Voraussetzungen. In der Arbeitswelt 4.0 – oder wie viele sagen, bei der «Neuen Arbeit» oder dem «new work» – geht es darum, agiler zu werden, selbstorganisiert zu arbeiten und miteinander im Sinne von Co-Creationen und mit dem Modell des Prototyping wirklich Neues zu schaffen. Die Mitarbeitenden werden eingeladen, mutig auch Fehler zu machen und daraus zu lernen. Und das alles in einer Wirtschaftswelt, auf die wir nicht vorbereitet sind und in der wir immer wieder miteinander neue Wege finden müssen.

Bei der Bewältigung dieser neuen und komplexen Anforderungen reichen die klassischen Kompetenzen alleine bei weitem nicht aus. Andere Bedingungen und neue Herausforderungen brauchen eben auch andere und neue Fähigkeiten.
Eine der wichtigsten Fähigkeiten ist die, sich und anderen mit Vertrauen zu begegnen.

Investition in Vertrauen

Vertrauen ist in einer Welt, die sich ständig wandelt, mehr als eine Notwendigkeit. Vertrauen als Oberbegriff können wir aus verschiedenen Blickwinkeln in der Organisation betrachten. Zum Beispiel das Vertrauen in sich selbst, in andere, in die Zukunft und die organisationale Gestaltungskraft.
Der renommierte Führungsexperte Reinhard Sprenger beschreibt die Forderung der neuen Arbeitswelt so: Sofort in das Vertrauen zu springen und sehr schnell vertrauensvoll mit Fremden zu agieren, auch wenn wir bisher gewohnt waren, dass sich Vertrauen auf Vertrautheit gründet. Damit wird Vertrauen neu formuliert.
Darüber hinaus fordert Sprenger: Wir brauchen Führungskräfte, die es schaffen, dass Menschen sich selbst vertrauen.
Ich möchte das ergänzen. Wir sollten alle so miteinander arbeiten, dass wir das Vertrauen, das die Menschen in sich selbst und das Gelingen haben, nicht untergraben.

Voraussetzungen, die Vertrauen wachsen lassen

  1. Sich selbst vertrauen und sich selbst gut kennen
  2. Sich zurücknehmen und Raum für andere schaffen
  3. Anderen vertrauen und sich eingestehen: Wie denke ich über die anderen?
  4. Eigenes Vertrauenspotential erkennen und ausbauen und Vertrauensgeschichten sammeln
  5. Mit kleinen Schritten ins Vertrauen gehen und so einen Sog entstehen lassen
  6. Die Bereitschaft, zu lernen und sich zu verändern
  7. Offenheit für Neues und für die Kompetenzen, die zukünftig wichtig werden

Es darf uns nicht überraschen, dass diese Empfehlungen für alle im Miteinander gelten, nicht nur für Führungskräfte. Wenn wir so miteinander arbeiten, dass wir uns das Vertrauen in das Gelingen gegenseitig schenken, dann rechtfertigt es sich, nicht umgekehrt.

Vertrauen schliesst Widersprüchlichkeit mit ein

Vertrauen in das Gelingen heisst: Nicht ins Bewerten zu gehen und damit die Themen Ambiguität und Widersprüchlichkeit nicht auszuschliessen und ein «Sowohl als auch» anzunehmen. Zugegeben, das klingt nach Kontrollverlust. Ist es auch, denn Kontrollverlust positiv formuliert ist Vertrauen. Auf der Basis von Vertrauen können stabile Arbeitsbeziehungen aufgebaut und erhalten werden, auch zu virtuellen und neuen Partnern und immer wieder in bestehenden Teams und dem gewohnten Umfeld.

Ob als Führungskraft oder Mitarbeitende, wer die Weichen für die Zusammenarbeit in der neuen Arbeitswelt stellen will, muss zuerst die Weichen für das eigene Mindset neu justieren. Vertrauen fängt damit an, sich selbst etwas zu trauen und sich selbst auch immer wieder etwas Neues zuzutrauen.

Ulrike Clasen

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