Perfekt. Der neue Job ist in greifbare Nähe gerückt. Der Termin für das Bewerbungsgespräch steht und plötzlich schiessen viele Gedanken durch den Kopf – und dann, wie aus dem Nichts, ist das Lampenfieber da.
Vorstellungsgespräche sind keine alltäglichen Situationen. Es kann sich so anfühlen, als ob man unter einem hohen Stresslevel in einer klassischen Prüfungssituation steht. Die Anspannung ist normal und darf auch sein. Es führt bei einigen Kandidaten oder Kandidatinnen sogar dazu, sich besser zu konzentrieren. Schliesslich geht es um etwas. Die persönlichen Stärken und Kompetenzen sollen fassbar formuliert sein, die Persönlichkeit gut präsentiert und alles in allem will man sich von der absolut besten Seite zeigen.
Nur ein Zuviel an Nervosität und innerer Unruhe kann schaden. Die Gefahr besteht, dass alles, was eigentlich immer so perfekt gelang und einem selbst so einfach erschien, nun wirklich schwierig werden kann. Menschen mit Lampenfieber im Bewerbungsgespräch verstummen, halten sich mit Beiträgen zurück oder können sich nicht so ausdrücken, wie sie es aus anderen Situationen kennen. Damit bist Du nicht allein. Es kann jeden treffen. Wenn sich dann das Gedankenkarussell um die erwarteten Worst-Case-Szenarien dreht, ist die Bewerbungschance tatsächlich gefährdet.
Die Ängste vor oder gar während des Bewerbungsgespräches können viele Facetten haben:
• Angst vor dem Scheitern – besonders dann, wenn man vor dem Gespräch so überzeugt ist, dass man den Job unbedingt haben will
• Angst vor dem freien Sprechen und ein allgemeines Unbehagen dabei, im Mittelpunkt zu stehen und sich so wichtig zu nehmen und aufzuschneiden
• Die Angst, sich zu blamieren oder zu versagen, verbunden mit der Vorstellung, dass die konkurrierenden Bewerbenden viel besser und geeigneter wären
• Angst vor der Veränderung, verbunden mit der Frage «Werde ich an der Stelle wirklich glücklich und gibt es überhaupt den richtigen Job für mich?»
• Die Angst vor einer Absage und die damit empfundene Ablehnung. Wer hört schon gerne, dass er oder sie nicht passt, obwohl das nicht die eigene Meinung ist.
• Die Angst vor einer oder mehreren heiklen Fragen, die sich aus dem Lebenslauf ergeben könnten
• Die Angst, nicht selbst genug zu fragen und zu erfahren, um herauszufinden, ob man wirklich in diese Stelle eintreten will, um zu erkennen, wo der «Haken» ist.
• Die Angst, dass die eigenen Wünsche und Anforderungen, die man selbst an die Stelle oder seine Arbeitszeiten usw. stellt, als nicht angemessen aufgenommen werden.
Es hilft schon zu wissen, wo die Angst herkommen könnte. So kannst Du gezielte Massnahmen ergreifen, um Deine Denkmuster zu ändern. Es ist tatsächlich möglich, das Angstthema verbunden mit dem Lampenfieber positiv zu betrachten und nachhaltig zu verändern.
Zum entspannten Bewerbungsgespräch gehören auch die souveränen und ebenfalls gut vorbereiteten Fragen, die Du an Dein Gegenüber stellst. Du brauchst mehr Informationen, als im Stelleninserat stehen oder auf der Website des Unternehmens. Du wirst erst mit genügend Informationen entscheiden können, ob es die richtige Firma und der richtige Job für Dich ist.
Wir zeigen, wie es auch Dir gelingt, entspannte Bewerbungsinterviews online oder offline zu erleben. Wie Du es schaffst, Deine Botschaften überzeugend zu präsentieren, wie Du alle wertvollen Hinweise beisteuern kannst und auf Deine klaren Gedanken auch klare und gute Antworten folgen lässt. Lampenfieber darf Dich nicht weiter blockieren und Deine Ambitionen vereiteln.
1. Kläre mit guter Vorbereitung Deine eigenen Ziele und Deine Positionierung
Zu den guten Vorbereitungen, die Dir das Lampenfieber nehmen, gehören alle organisatorischen Fragen. Das ist nicht nur der Check von Anfahrtsweg und Zeit, sondern auch die Klärung, welche Unterlagen Du mitnimmst, welche Kleidung zum Unternehmen passt und wer genau Deine Gesprächspartner sein werden. In der Aufregung kann man schon mal den einen oder anderen Punkt übersehen. Also vorher in Ruhe alles durchgehen.
Wenn Dich Lampenfieber plagt, kann es sein, dass die Tage vorher eher nicht so schlimm sind. Darum nicht das Gespräch verdrängen, sondern genügend Zeit einplanen, um für Dich alles gut vorzubereiten. Das kann mit einem 4-Schritte-Plan passieren. Damit kannst Du Deine optimale Einstellung für das Gespräch aufbauen und sicher und gelassen in das Gespräch gehen:
Eigene Kompetenzen, Fähigkeiten und Positionierung
Das ist eine Arbeit, die Du spätestens jetzt, aber besser schon lange vor dem ersten Bewerbungsgespräch machen solltest. Dir werden im Interview viele Fragen gestellt. Zum Beispiel nach dem «Wie machst Du was, wenn Du es gut machst?», «Was kannst Du besonders gut und was ist für andere nützlich?» oder «Wie gehst Du mit anderen Menschen, Aufgaben und Herausforderungen um?». Je klarer das Bild ist, das Du von Dir und Deinen Fähigkeiten und Kompetenzen hast, umso besser kannst Du Dir diese Fragen beantworten. Damit bist Du gut vorbereitet, wenn andere Dir diese Fragen stellen.
Eigene Ziele und Formulierungen, was im Berufsleben wichtig ist
Überlege Dir die eigenen Ziele und formuliere das für Dich. Das können zeitliche, inhaltliche oder auch Ziele in der Weiterbildung sein. Du bestimmst Dein Leben und vielleicht passen ja die Ziele des Unternehmens gut zu Deinen. Das, was für Dich in Deinem Berufsleben wichtig ist, darf sich im Arbeitskontext in der neuen Organisation widerspiegeln. Und das musst Du im Gespräch abklären. Es ist nie einseitig, auch Deine Wünsche und Bedürfnisse an eine Stelle sind wichtig für die Entscheidung. Also sei Dir klar über Deine Wünsche in Bezug auf Stellenantritt, Gehaltsvorstellungen und Rahmenbedingungen und formuliere es erst mal für Dich, dann fällt es Dir leichter, es im Interview anzusprechen.
Recherche über das Unternehmen und die Interviewpartner im Vorfeld
Dir helfen die verschiedenen Informationen über das Unternehmen dazu, Dir ein rundes, realistisches Bild über den vielleicht zukünftigen Arbeitgeber zu machen. Je mehr Informationen Du «im Hinterkopf» hast, desto schlüssiger und glaubhafter kannst Du vermitteln, warum Deine Qualifikationen ideal zum Unternehmensprofil passen. Vielleicht gelingt es Dir, herauszufinden, was die Organisation im Vergleich zu anderen auszeichnet. Diese Alleinstellungsmerkmale herauszufinden und nennen zu können, zeigt Dein Interesse, warum Du genau in diesem Unternehmen arbeiten möchtest.
Und je mehr Du über die Personen, die Dir gegenübersitzen werden, recherchiert hast, umso sicherer kannst Du im Gespräch werden. Social Media gibt Dir da die Auskunft oder Du hast im Netzwerk Personen, die Dir etwas über das Unternehmen oder die Personen sagen kann. Vielleicht gibt es da auch Gemeinsamkeiten zwischen Dir und den Personen und das kannst Du ansprechen.
Vorbereitung auf die für mich heiklen oder kritischen Fragen
Für jede Bewerberin und jeden Bewerber kann eine andere Frage als heikel oder kritisch gelten. Alles das, auf was man nicht so gerne antwortet. Gibt es in Deinem Lebenslauf eine Formulierung, auf die Du immer wieder angesprochen wirst? Hast Du vielleicht viele Wechsel oder könnte ein langer Auslandsaufenthalt vielleicht kritisch hinterfragt werden?
Alles, was für Dich als schwierige Frage gilt, solltest Du im Vorfeld einmal für Dich formulieren. Nicht um die Antworten auswendig zu lernen, sondern es ist die Inspiration, dass Du die Hintergründe der Frage wirklich verstehen kannst. Im Interview stellt man die Fragen nicht, um Dich zu brüskieren, sondern um Deine Motivation, Deine Werte und Ziele und Deine Arbeitsweise kennenzulernen. Wenn Du anerkennst, dass alle Fragen dazu da sind, die gegenseitige Passung zu finden, bleibst Du souverän.
2. Lass Dich nicht von Deinen eigenen Erwartungen erdrücken
Nimm Deine innere Einstellung unter die Lupe. Was macht Dir Sorgen oder Angst? Setzt Du dich mit zu hohen Ansprüchen etwa selbst unter Druck? Meist sind es auch die unrealistischen Befürchtungen, die Angst auslösen. Dazu gehören die Ängste, die wir weiter oben aufgeführt haben.
Doch was kann schon passieren? Da treffen erwachsene Menschen zusammen, die herausfinden möchten, ob sie in der nächsten Zeit miteinander arbeiten wollen. Damit ist jedes Vorstellungsgespräch eine Lernerfahrung. Nimm es als willkommene Trainingssituation. Wenn Du Dir sagen kannst «Ich bin gut vorbereitet und gebe dabei mein Bestes», bringst Du Dich selbst in die Ruhe. Wenn es nicht funktionieren sollte, dann gibt es immer wieder Chancen, das zu üben.
Gehe auf keinen Fall mit einer negativen Erwartungshaltung in Dein anstehendes Vorstellungsgespräch. Damit kannst Du Dir nur das einhandeln, was die Psychologen eine «Selbsterfüllende Prophezeiung» nennen. Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben.
3. Trainiere das Gespräch, um praktisch und mental vorbereitet zu sein
Um Dein Lampenfieber zu bekämpfen, kannst Du viele Ratgeber lesen oder Dich von den vielen Tipps für den Erfolg im Bewerbungsgespräch inspirieren lassen. Am hilfreichsten sind dann jedoch die mentale Vorbereitung und das Training. Beides kannst Du selbst oder mit Hilfe anderer vornehmen.
Zur mentalen Vorbereitung spielst Du das Gespräch vorher im gesamten Verlauf in Gedanken durch. Das kannst Du innerhalb von einigen Minuten machen. Beginne mit der Anreise, dem Empfang und der Vorstellung, wie Du die interviewenden Personen begrüsst. Überlege Dir, welche Einstiegsfragen kommen könnten und wie Du in Ruhe darauf antwortest, so wie auf alle weiteren Fragen. Sieh Dich in souveräner und entspannter Haltung das Gespräch führen. Gehe in Gedanken auch Deine Fragen durch, die Du stellst, und erlaube Dir, Dir vorzustellen, was das Gegenüber antwortet.
Die mentale Vorbereitung geht so weit, dass Du Dir auch vorstellst, mit welchem Gefühl Du das Gespräch dann verlassen wirst. Diese Übungen sind kein Hokuspokus, sondern helfen Dir, Deine geistige Kraft zu stärken und so das Lampenfieber zu besiegen.
Sportler trainieren, indem sie ihre Wettkämpfe im Geiste immer und immer wieder durchleben. Sie sehen sich dann nicht in der Niederlage oder in Schwierigkeiten, sondern so, wie sie alles erfolgreich meistern. Baue so Deine mentale Stärke auf, um Dich unabhängig von den äusseren Bedingungen in Deinen optimalen Leistungszustand zu bringen. Je mehr Du Dich in die tatsächliche Situation hineinversetzt, umso mehr kannst Du für das spätere Gespräch daraus mitnehmen. Das macht Freude und wird Dich entspannen und Dir ein Lächeln ins Gesicht zeichnen. Du wirst bemerken, wie Du durchatmen kannst.
Es lohnt sich auch, das Vorstellungsgespräch mit einer Partnerin oder einem Partner zu trainieren. Sie übernehmen die Rolle der interviewenden Person und gehen mit Dir das komplette Gespräch durch. Das Übungssetting kann auch online durchgeführt werden. Besonders dann, wenn Du ein Bewerbungsgespräch online führen wirst.
Bitte die Person, darauf zu achten, ob Du aussagekräftige Sätze machst, ob Du Deinen Werdegang deutlich machen kannst und Deine Körpersprache einen sicheren Eindruck vermittelt. Du kannst die konkreten Situationen im bisherigen Lebenslauf schildern, in denen Du Deine Teamfähigkeit oder Dein Durchsetzungsvermögen oder andere Kompetenzen erfolgreich eingesetzt hast, und erfahren, wie überzeugend das klingt.
Trainiere auf jeden Fall auch die Verabschiedung und den Dank für das Gespräch an das Gegenüber. Verlasse das Gespräch nur, wenn alle wissen, wer wann wen über was informiert. Nur dann weisst Du, wie es weitergeht und in welcher Zeitabfolge die nächsten Schritte passieren werden.
Lampenfieber ist beherrschbar und auch Du kannst beim nächsten Bewerbungsgespräch von Dir sagen: «Ich habe kein Lampenfieber mehr, bin nicht nervös, sondern konzentriert.»