Viele Menschen, denen wir in unserer Arbeit in der Karrierebegleitung begegnen, sprechen mit uns über ihren Wunsch, authentisch sein zu dürfen. Immer und überall. Prima, aber was heisst das genau? Ist das nur ein Modebegriff oder steckt da tatsächlich was dahinter? Warum ist Authentizität hilfreich? Wie kann das unterstützend sein oder vielleicht auch das Gegenteil bewirken?

Nun erst einmal zur Begriffserklärung: Authentizität leitet sich als Begriff vom griechischen Wort «authentikós» ab. Dies bedeutet so viel wie «zuverlässig» sein oder auch «verbürgt» sein.

Wer also authentisch ist, wird als «echt» oder als das «Original» angesehen. Dieser Mensch verstellt sich nicht und spielt nicht etwas vor, das nicht der eigenen Person entspricht. Authentische Menschen nehmen wir als echt, im Sinne von Ursprünglichkeit, wahr. Achtung: Authentisch sein ohne Reflexion ist kontraproduktiv.

Wenn Du wünschst, Dich authentisch zu geben, befreit Dich das allerdings nicht davor, folgende Fragen zu stellen:

  • Was heisst das für mich?
  • Was bedeutet es, wenn ich den Anspruch habe, authentisch zu sein?
  • Wie genau definiere ich diese Haltung für mich?

Wir können den Begriff Authentizität gut erfassen, wenn wir das Gegenteil dazu beschreiben. Menschen, die um sich herum eine Inszenierung ihrer Selbst veranstalten, werden von uns als nicht echt und wenig glaubwürdig und somit als «nicht authentisch» empfunden.
In der Psychologie heisst authentisch sein: «Alles Handeln kommt aus der Person selbst». Das kann aber auch bedeuten, dass es Dir gerade nach einem Handeln oder einem Sprechen zumute ist, das nicht unbedingt hilfreich für Deine Ziele ist.
Wir müssen im Zusammenleben mit anderen Menschen die Spielregeln der guten Kommunikation einhalten. Wir könnten uns nicht mit all unserer schlechten Laune und unseren Vorlieben oder Abneigungen direkt und unverblümt zeigen. Dazu dann noch einfordern, dass wir ja authentisch sind und andere das gefälligst aushalten müssen, ist kein guter Plan.

Professionell authentisch sein heisst «bewusst authentisch» sein.

In Deinem beruflichen Umfeld ist Authentizität wichtig. Doch das ist keine Sonderform der Authentizität. Du kannst nicht ein Image kreieren, das Dir nicht entspricht. Es wird erwartet, dass Deine Worte mit Deinen Taten übereinstimmen. Das gilt im professionellen Umfeld nicht nur für Führungskräfte. Es gilt gleichermassen für alle Menschen, die mit anderen zusammen leben, arbeiten, kommunizieren und miteinander Ziele erreichen wollen.
Niemand möchte gerne mit Menschen zu tun haben, die immer nur eine Rolle spielen. Besonders schwer ist das im Berufsleben. Irgendwann kommt es raus, wenn einzelne Personen versuchen, unter Vorspiegelung von «falschen Tatsachen» in der Karriere voranzukommen. Sich dauerhaft verstellen funktioniert einfach nicht. Wir wollen alle wir selbst sein dürfen und trotzdem oder auch gerade deswegen unsere Ziele erreichen. Im beruflichen Bereich empfiehlt sich besonders der Blick auf eine «professionelle und damit bewusste Authentizität».

Bewusste Authentizität basiert auf

  • gesundem Selbstwertgefühl und stetiger Selbstreflektion
  • eigenem Wertekonzept und persönlichen Überzeugungen
  • Berechenbarkeit und Verlässlichkeit im Umgang mit anderen

Wenn Du Dir «Deines Selbst» bewusst bist, erkennst Du in Deinem Denken und Handeln Deine persönlichen Gefühle, Abneigungen, Ängste, Komplexe, Schwächen und Bedürfnisse. Du kannst dank dieser «selbstbewussten Reflexion» Teile dieser «inneren Facetten» zum Teil zurückstellen. Wenn Du das immer voll ausleben willst, läufst Du Gefahr, anzuecken und Dich selbst ins Abseits zu stellen.

Ein guter Tipp ist es, die eigene Kommunikation daraufhin zu überprüfen. Alles, was Du sagst, sollte konstruktiv formuliert sein und Deinen Meinungen und Haltungen entsprechen. Doch vieles, was Du denkst und fühlst, solltest Du nicht sagen. Besonders dann nicht, wenn es nicht Deinen eigenen Anforderungen der konstruktiven und positiven Formulierung entspricht.

Vielleicht hilft Dir das Zitat, das Voltaire zugeschrieben wird

«Alles, was du sagst, sollte wahr sein. Aber nicht alles, was wahr ist, solltest du sagen.»

Erkennen, wer nur vorspielt, authentisch zu sein
Wir wissen manchmal nicht, ob Menschen in unserem Umfeld tatsächlich authentisch auftreten oder nur Möchtegern-Performer sind. Vielleicht können sie uns gerade etwas gut vorspielen. Oft zeigen sich diese Menschen in der nächsten Situation dann von einer anderen Seite. Wer unzuverlässig und als Person nicht einschätzbar ist, zeigt das Gegenteil von authentisch.
Im Gegensatz dazu zeichnet authentische Menschen immer aus, dass sie zu ihren persönlichen Überzeugungen stehen. Sie sind auch in der Lage, ihre Meinungen gegen Widerstände zu verteidigen. Sie werden ihre Meinung nicht ständig ändern, sich nicht anbiedern oder gar immer wieder über andere herziehen oder Schuld immer wieder nach aussen geben.

Mit 5 Schritten zur «bewussten Authentizität»
Wo immer wir mit anderen Menschen zusammen sind, treffen verschiedene Persönlichkeiten mit verschiedenen Ansichten und Meinungen aufeinander. Je mehr jede einzelne Person sich authentisch geben kann, umso klarer wird die Kommunikation. Dann können sich die Einzelnen besser untereinander einschätzen und ihre Standpunkte vertreten.

Authentisch sein kann man nicht lernen. Es ist eine Entscheidung.

Der Beschluss, sich damit auseinanderzusetzen und sich erst einmal offen und vorbehaltlos mit sich selbst zu beschäftigen.

  1. Mach Dir bewusst, welche Ziele, Überzeugungen, Wünsche und Potenziale Du hast. Finde heraus und benenne, wer Du bist, und scheue Dich nicht, auch miteinzubeziehen, wie Du von anderen gesehen werden willst.
  2. Sprich mit anderen Menschen. Lerne sie kennen und frage sie, wer sie sind und welche Wünsche, Werte, Ziele und Bedürfnisse sie leiten. Finde heraus, wo Du mit anderen zusammen am gleichen Strang ziehst, welche Ziele, welche Vision Du mit Deinem Gegenüber gemeinsam hast.
  3. Prüfe, ob Du Deine Vision vorleben kannst, indem Du Deinen Überzeugungen treu bleibst. Du kannst damit Vorbild für eine Haltung sein und andere dazu einladen, auch immer mehr authentisch zu werden. Mache Dein Denken und Deine Handlungen transparent und werde damit für andere berechenbar.
  4. Behandle Menschen mit Respekt und begegne ihnen auf Augenhöhe und stehe immer auch für Dich und Deine Meinungen ein. Zeige Dich in Deiner eigenständigen Persönlichkeit, in aller Demut und Zurückhaltung, die Platz für die Meinung anderer lässt.
  5. Lasse nicht nach in beständiger Selbstreflexion und prüfe, ob Du wirklich echt und authentisch in den für Dich wichtigen Situationen bist. Wenn sich Deine Werte, gewisse Meinungen oder Deine Haltung zu einer Situation geändert haben, ist es wichtig, das erneut transparent und klar nach aussen zu kommunizieren.

    Mit dem Einüben einer «bewussten Authentizität» wird es Dir immer besser gelingen, authentisch von innen nach aussen zu leben. Mit der Zeit stellst Du fest, dass Du Dein eigenes Handeln und Dein Denken unabhängig von äusseren Einflüssen gestalten kannst. Du bestimmst Dein Verhalten selbst und bist nicht von den Erwartungen anderer geleitet. Du kannst Dich ganz zeigen und Deine Gedanken und Bedürfnisse offen mitteilen und anderen das gleiche zugestehen.
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