Stellst Du Dir auch die Frage, ob Algorithmen darüber entscheiden, wer eine Stelle bekommt?

Tatsächlich mussten sich die Personalabteilungen vor Jahren noch durch riesige Papierberge kämpfen. Auch heute treffen in vielen Firmen weiterhin eine grosse Anzahl von Bewerbungen ein, doch meistens auf digitalem Wege und werden automatisch von einer Software bearbeitet.

Diese Software scannt jede Bewerbung auf definierte Schlüsselbegriffe, Stellenprofile oder vorher im Unternehmen festgelegte Beurteilungskriterien. Das können bestimmte Hochschulen, Ausbildungen oder Studienfächer sein, aber auch Sprachkenntnisse oder Weiterbildungen und Erfahrungen mit bestimmter Technik.

Daraus ergibt sich dann ein Kandidatenranking und diejenigen, die nicht in Frage kommen, erhalten eine automatische Absage oder werden in einen Talentpool verschoben.

In letzter Zeit führen immer mehr Firmen solche Talentpools. Das Rekrutieren von qualifizierten Fach- und Führungskräften ist schwieriger geworden und man möchte mit den valablen Kandidatinnen und Kandidaten in Kontakt bleiben. Meist werden die Kandidaten gefragt, ob es für sie in Ordnung ist, dass ihre Unterlagen weiter im Unternehmen bleiben.

Es gibt nicht nur das eine System

Die Software, die den sogenannten Applicant-Tracking-Systemen (ATS), zu Deutsch Bewerbermanagementsystemen, zugrunde liegt, wird von verschiedenen Anbietern entwickelt und vertrieben. Der Markt wird immer grösser und mittlerweile spricht man davon, dass allein in Deutschland in mehr als 70% der Firmen ein mehr oder weniger gut ausgebautes ATS eingesetzt wird.

Damit wird diese Technik zum elementaren Bestandteil der Personalsuche, auch in immer mehr Organisationen in der Schweiz.

Für die Unternehmen ist der Entscheid klar: Sie wollen mit der Automatisierung ihre Rekrutierungsprozesse signifikant schneller, zielgerichteter und erfolgreicher machen. Sie wollen sich durch die Automatisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz entlasten.

Mit einer solchen Software-Anwendung können die Firmen unter anderem die Personalbeschaffung und das Bewerbermanagement auf einer einzigen Plattform abbilden. Das hat für die Unternehmen echte Vorteile.

Aber wo liegen die Vorteile für die Bewerbenden?

Auf jeden Fall wird das Wissen darüber, wie die diese Applicant Tracking Systeme (ATS) funktionieren, immer wichtiger für alle Bewerbenden. Die Systeme entscheiden nicht darüber, wer die Stelle bekommt, aber wohl schon, wer in die Vorauswahl kommt.

CV-Parsing

Eine wichtige Funktion der meisten ATS ist das CV-Parsing, die Lebenslauf-Analyse. Das Parsen (Auslesen) von Lebensläufen ermöglicht die automatische Extraktion, Speicherung und Analyse der Daten aus dem Lebenslauf.

Diese Informationen werden dann kategorisiert, gefiltert und sortiert. So können die Daten anschliessend durchsucht werden.

Diese Möglichkeit wird von den Unternehmen auf verschiedene Arten genutzt, um mit den Bewerbenden in Kontakt zu kommen:

  1. Du gibst Deine Daten in eine dafür vorgesehene Maske ein und prüfst bei der Anwendung auch sorgfältig, ob Du die Daten in die richtigen Felder eingefügt hast.
  2. Du wirst gebeten, Deinen Lebenslauf hochzuladen. Das CV-Parsing liest die Daten aus und gleicht sie anschliessend automatisch mit allen verfügbaren freien Stellen ab. Gibt es Übereinstimmungen, zeigt Dir das System die passenden freien Stellen an und Du kannst Dich im nächsten Schritt direkt darauf bewerben.
  3. Du hast Dich bereits mit dem Hochladen Deines Lebenslaufes direkt auf eine ausgeschriebene Stelle beworben, dann geht der Auswahlprozess gleich weiter.

Künstliche Intelligenz (KI)

Das CV-Parsing-Tool kann in der Regel alle üblichen Datei-Formate auswerten: PDF-Dateien, klassische Word-Dokumente wie Doc und Docx, TXT-Dateien sowie Bilder im Format JPG oder PNG.

Damit arbeiten die CV-Parser mit Künstlicher Intelligenz (KI). Sie können Inhalte und Strukturen in den Texten erkennen und diese Daten aus den Dokumenten extrahieren und in eine Datenbank übertragen.

Damit ist der Lebenslauf nicht mehr im individuellen Design und die Daten sind in der Computermaske vergleichbar und können bewertet werden. Das kann dann so aussehen, dass gefiltert wird nach bestimmten Kriterien, wie zum Beispiel:

  • Zeige mir alle Bewerbenden aus dem Kanton Zürich
  • Finde alle Bewerbenden mit Spanischkenntnissen
  • Zeige nur Bewerbende, die Informatik studiert haben

Die Algorithmen basieren auf semantischer künstlicher Intelligenz – das heisst, sie ist noch lange nicht so intelligent wie Menschen. Diese KI kann nur nach den vorher festgelegten Schlüsselbegriffen suchen oder diese in eine Bewertungs-Skala setzen.

Sie kann die Informationen nicht interpretieren, schlussfolgern oder abstrakt denken. Achtung also bei Bewerbungen, die Du möglicherweise besonders originell und erfrischend anders gestalten möchtest. Die könnten eventuell durchs digitale Raster fallen, wenn die KI das nicht «richtig» lesen kann.

Wenn Du mehr über den Stand der KI wissen willst und die Unterscheidung von schwacher und starker KI Dich interessiert, bekommst Du hier knapp 5 Minuten spannende Einblicke und eine gute Wissensbasis.

Vorteile des E-Recruitings für Bewerbende

Die CV-Parser, die keine Bewerbungsformulare vorgeschaltet haben, sind weniger aufwändig, weniger kompliziert und auch nicht so fehleranfällig. Die Hürde der Anmeldung in Online-Formularen fällt weg und mit dem CV-Parsing können sogar weitere eingescannte Dokumente wie Arbeitszeugnisse ausgelesen und analysiert werden. Damit geht auch für die Bewerbenden alles schneller.

Einen weiteren Vorteil stellen die sogenannten One-Click-Bewerbungen dar. Manche Unternehmen erlauben und wünschen sogar, die Bewerbung direkt aus dem Xing- oder Linkedin-Profil heraus zu bekommen. Dann wird mit einem Klick mittels CV-Parser daraus ein verwertbarer Lebenslauf. Aber nur, wenn das Online-Profil gut gepflegt ist und darin alle relevanten Angaben zu finden sind. Wenn das dann der Fall ist, wird hier der Bewerbungsprozess einfacher und schneller.

Aus Deinem Lebenslauf kann nur das ausgelesen werden, was vorhanden ist. Um tatsächlich alle Vorteile zu nutzen, empfehlen wir Dir, folgendes zu beachten:

1. Schlüsselwörter nutzen und strategisch klug einsetzen

Passe Deinen Lebenslauf auf die Stellenausschreibung an und achte darauf, dass immer ein Bezug zum Unternehmen und zur Stellenanzeige besteht. Die Software sucht im CV-Parsing nach den Schlüsselwörtern, die in der Stellenausschreibung verwandt werden. Wiederhole sie am besten wortwörtlich.

Wenn EDV-Kenntnisse im Stelleninserat verlangt sind, dann bezeichne das auch so, auch wenn Du eher IT-Kenntnisse schreiben würdest. Es lohnt sich alle Deine Bezeichnungen zu prüfen und auf die Begriffe, die das Unternehmen verwendet, anzupassen.

Lass nach Möglichkeit keine der Muss-Kriterien aus dem Inserat aus.

Achte darauf, dass Du die Schlüsselwörter in einen Kontext setzt. Die Bewerbungsmanagementsysteme erkennen nur, dass eine Schlüsselkompetenz oder -erfahrung vorhanden ist und setzen das auf ihre Listen. Die Qualität und der Wert dieser Erfahrungen wird aber sicher weiterhin durch Menschen interpretiert und die sollen sehen, wo und wie Du Deine Fähigkeiten eingesetzt hast.

2. Keine Lücken im zeitlichen Ablauf entstehen lassen

Ungenaue oder gar lückenhafte Zeitangaben werden von der Software mit hoher Wahrscheinlichkeit erkannt. Mache Deine Zeitangaben so stringent und genau wie möglich. Als geeignetes Format haben sich die Angaben von Monat und Jahr durchgesetzt.

Ob Du nun chronologisch oder umgekehrt chronologisch die Zeitangaben in Deinem CV machst, spielt keine Rolle. Es wird allerdings die umgekehrt chronologische Reihenfolge bevorzugt, da erscheint das Wichtigste zuerst.

3. Wähle ein einfaches Design

Eigentlich gestaltest Du Deinen Lebenslauf gut lesbar für Menschen, die das bearbeiten. Denke aber auch an daran die Maschinenlesbarkeit zu gewährleisten.

Halte deine Bewerbung also möglichst einfach und erstelle sie in einem Textverarbeitungsprogramm und keinesfalls mit einer Grafiksoftware.

Nutze als Strukturelement hauptsächlich Bezeichnung und Reihenfolge der einzelnen Rubriken. Nutze dabei eindeutige Rubriküberschriften, wie „Persönliche Daten“, „Ausbildung“, „Berufliche Erfahrungen“ und „Kenntnisse und Fähigkeiten“.

Verzichte auf grafische Elemente, das macht es der Künstlichen Intelligenz unnötig schwer, alle notwendigen Daten zu erfassen. Also keine horizontalen oder vertikalen Linien, Icons, Grafiken, Farben oder komplexe Tabellendesigns.

4. Rechtschreibfehler rächen sich

Kleine Vertipper oder Buchstabendreher könnten von Menschen einfach mal übersehen werden. Doch eine Software kann ein falsch geschriebenes Wort nicht zuordnen und lässt möglicherweise die relevanten Felder leer.

Achtung auch bei Abkürzungen, die kann die Maschine nicht lesen oder es besteht die Gefahr, dass es falsch zugeordnet wird.

Bilder verwirren die KI ebenfalls.

5. Inhaltlich klar und treffend beschreiben

Beschreibe Deine Bildungs- und Berufsstationen nicht nur in Zeiträumen, Bezeichnungen und Namen von Arbeitgebern und Institutionen, sondern reichere Deine Lebenslaufstationen mit allen relevanten Informationen an.

Dabei ist es besonders wichtig, wie gut Du Deine Berufserfahrungen beschreibst. Neben Deiner exakten Stellenbezeichnung aus den vorhergehenden Funktionen sind auch Deine hauptsächlichen Aufgaben, Leistungen, Erfolge und Verantwortlichkeiten wichtig zu benennen.

Du kannst ebenso Deine Bildungsangaben ergänzen durch Informationen zu den Schwerpunkten, Leistungskursen und besonderen Studienvorlesungen, eventuell Prüfungsnoten, Titel von Abschlussarbeiten oder Auszeichnungen.

Mache klare sprachliche Einstufungen Deiner unterschiedlichen Kenntnisniveaus, insbesondere bei IT-Kenntnissen, Sprachkenntnissen und speziellen Fachkenntnissen.

Das CV Parsing wird in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Heute sind die Systeme noch nicht ganz ausgereift. Ausserdem weisst Du nicht immer genau, ob Deine Bewerbung von einem Menschen oder einer Maschine ausgewertet wird.

Hast Du Deinen CV über eine Bewerbungsplattform hochgeladen, so kannst Du aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass dann ein CV Parser die Auswertung macht.

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